Das 1x1 der Kommunikation - Teil 1

Das 1x1 der Kommunikation - Teil 1

Das 1×1 der Kommunikation – Teil 1

Sprichst du noch oder kommunizierst du schon? Kommt der Sinn deiner Nachricht bei deinem Gesprächspartner schon an oder fühlst du dich häufig noch unverstanden? Kann Friedemann Schulz von Thun deine Kommunikation noch bereichern oder hat dich seine Nachricht schon erreicht?

Ich höre dich sagen: „Er versteht es nicht!“, und „Wieso kapiert sie das nicht?!“. Mal rollst du mit den Augen, mal zuckst du frustriert, resigniert oder traurig mit den Schultern. Wo liegt der Fehler? Eindeutig bei ihm oder ihr. Denkst du. Doch halt. Das ist falsch. Und das ist auch gut so. „Was?!“, schallt mir deine Empörung entgegen. Das sei ja wohl nicht mein Ernst! Und unser Gespräch beginnt.

Ein Blick in deine Schulzeit.

Kannst du dich an deine Schulzeit erinnern? Bei welcher Lehrerin, bei welchem Lehrer hat der Unterricht Spaß gemacht? Bei wem hast du absolut nichts gelernt, obwohl dich das Fach durchaus interessiert hätte. Welche Fächer sind ein Buch mit sieben Siegel geblieben? Formate wie „Die Sendung mit der Maus“ zeigen übrigens, dass Fächer wie Physik oder Chemie sehr verständlich vermittelt werden können, wenn… Ja, wenn der Lehrer eine Sprache und Methodik verwendet, die dich erreicht.

Hast du erlebt, wie sich deine Leistungen in einem Fach durch einen Lehrerwechsel verbessert oder verschlechtert haben? Und wenn du Nachhilfe gehabt hast, worum ging es dann? Darum, dass du einen Lehrstoff „verstehst“. Was bedeutet, dass dir eine andere Person erklärt, was der Lehrer gemeint hat. Der „Sinn seiner Nachricht“ ist bei dir (noch) nicht angekommen.

In früheren Zeiten natürlich das Problem des Schülers. Ihm wurde unterstellt, nicht konzentriert genug gewesen zu sein oder zu faul oder einfach nicht intelligent genug. Auch wenn wir davon ausgehen können, dass nicht alle Eltern Friedemann Schulz von Thun kennen, so hat sich die Situation verändert. Heute wird die Lehrkraft verstärkt in die Pflicht genommen, wenn deutlich wird, dass „der Sinn ihrer Nachricht“ nicht bei den Schülern angekommen ist.

Und beim Arzt?

Zurück zu uns. Wenn sie es noch nicht kapiert hat und er es noch nicht versteht, hast du es noch nicht geschafft, deine „Nachricht“ so in Worte zu fassen, dass sie dein Gegenüber versteht. Das kann viele Gründe habe.

Stell‘ dir kurz einen Besuch beim Arzt vor. Vielleicht sogar einen Besuch bei einem Spezialisten. Der Sinn seiner Nachricht kann dich als Nichtmediziner nur dann erreichen, wenn er sich in dich hineinversetzt und seine Worte entsprechend deines Sprachgebrauchs wählt.

Als Nichtmediziner wirst du kein Wort verstehen, wenn er sich mit einem Kollegen oder einer Kollegin unterhält. Wenn dein Arzt dich mit seinen Worten erreicht, dann hast du einen sehr guten Arzt. Denn er muss seine Sprache, die er in seinem Berufsalltag nutzt, für dich und alle anderen Patienten so transformieren, dass ihr ihn versteht.

Den Arzt kannst du durch jeden anderen Beruf ersetzen. Überall gibt es das berühmte „Fachchinesisch“, das ausschließlich Insider verstehen. Und auch für Fremdsprachen gelten Fein- und Besonderheiten, die sich erst mit der Zeit erfassen lassen und bei Muttersprachlern das ein oder andere Mal zu Lachern führen.

Wenn er es nicht versteht, sie es nicht kapiert, kannst du dich als erstes fragen, ob du eine Sprache gewählt hast, die dein Gegenüber verstehen kann. Als zweites kannst du dich fragen, ob du dich klar ausgedrückt hast. Kann dein Gegenüber aufgrund dessen, was du gesagt hast, wirklich wissen, was du gemeint hast und was du möchtest?

Oder würde ein geübter Gesprächspartner dir vielleicht sogar rückmelden: „Sorry, ich verstehe „den Sinn deiner Nachricht“ nicht. Was möchtest Du mir sagen? Was ist dein Begehr?“ Spätestens an der Stelle, an der dir besagter geübter Gesprächspartner deine Nachricht analysiert und aufzeigt, dass du in Rätsel gesprochen hast, wird deutlich, dass du dafür verantwortlich bist, wie und was du kommunizierst.

Und dann ist da noch das Ding mit der Brille.

„Aber…“, höre ich dich sagen, „wenn mich mein Gesprächspartner nicht verstehen will oder kann, weil er durch eine bestimmte Brille schaut, dann kann ich ihn womöglich gar nicht erreichen!“ Ah, ich sehe, du bist schon fortgeschritten und weißt, dass wir alle durch „die Brille“ schauen, die sich im Zuge unserer Sozialisierung entwickelt hat.

Du hast recht, wenn dein Gesprächspartner jemand ist, der die Erfahrung gemacht hat, dass Komplimenten oder einem Loben stets Anforderungen folgten, die sich nachteilig für ihn ausgewirkt haben, dann wird er sich misstrauisch und vielleicht sogar ablehnend zeigen, wenn du ihm ein Kompliment machst oder ihn lobst. Deine Nachricht kommt also ganz offensichtlich nicht an.

Wenn du die Verantwortung dafür bei deinem Gegenüber siehst, wirst du dich über ihn ärgern und er wird dies merken. Die Stimmung zwischen euch wird, anders als beabsichtigt, schlechter. Eure Beziehung leidet. Zwischen euch steht nun etwas. Etwas, das wieder bereinigt werden müsste. Geschieht dies nicht, bleibt bei euch beiden ein Beigeschmack, der sich irgendwo ablagert. Bei dem einen bleibt er im Gedächtnis, bei dem anderem im Gefühl.

Deine Verantwortung ist deine Chance.

Wie gut, dass die Verantwortung für den Sinn deiner Nachricht nun bei dir liegt. Denn so bist du handlungsfähig und unabhängig. Du kannst etwas tun. Du kannst einen neuen Anlauf nehmen und „nachbessern“. Vielleicht nutzt du andere Worte oder du erklärst deine Worte bzw. deine Absicht. Vielleicht hilft das dem anderen, seine „Brille“ zu erkennen und er kann deine Worte anders bewerten.

Es kann sein, dass der Sinn deiner Nachricht deinen Gegenüber auch nach mehrfachem Nachbessern nicht erreicht. Das kann an dir oder an deinem Gesprächspartner liegen oder an euch beiden. Wenn es um etwas Wichtiges zwischen euch beiden geht, braucht es weitere Gespräche, Methoden und vielleicht Unterstützung von außen.

Dem Gesprächspartner, der negative Erfahrungen mit Komplimenten und Lob gemacht hat, verschaffst Du hingegen eine neue, positive Erfahrung. Statt dich zu ärgern, übernimmst du Verantwortung, besserst nach und lässt deine Nachricht dann so stehen. Vielleicht denkst du im stillen Kämmerlein noch einmal darüber nach, was dein Gegenüber bräuchte, um den Sinn deiner Nachricht wirklich verstehen zu können. Und versuchst es noch einmal oder machst es beim nächsten Mal anders.

Da deinem Kompliment oder Lob keine Anforderung keine Anforderungen folgen, kann sich der Erfahrungshorizont deines Gegenübers auf jeden Fall weiten. Die Stimmung bleibt positiv. Eure Beziehung wird gestärkt.

Die Wahl deiner Worte bestimmen deinen Erfolg.

Lass uns zum Abschluss noch kurz einen Blick auf die Wahl unserer Worte werfen. Es macht einen Unterschied, ob ich sage: „Du musst dich beeilen!“, oder: „Behalte bitte die Uhr im Blick.“ Merkst du den Unterschied? Bei welcher Formulierung fühlst du dich gut, welche bringt dich in den Widerstand? Welche macht dich gefühlt zum Befehlsempfänger, welche gibt dir Autonomie? Welche macht mich sympathisch(er)?

Klar, ehrlich, offen, direkt zu kommunizieren, bedeutet nicht, dem Gesprächspartner „ungeschminkt alles um die Ohren zu hauen“. Höflich, gestelzt bis geziert, diplomatisch auf höchsten Niveau führt auch hingegen dazu, dass mein Gegenüber mich nicht versteht. Kommuniziere ich auf diese Weise, verschleiere ich den Sinn meiner Nachricht bewusst und setzte meinen Gesprächspartner der Anforderung aus, „durch meine Blume“ zu erkennen, was ich beabsichtigt habe, und sich in Hypothesen zu ergehen.

Wenn ich meine Worte respektvoll, wertschätzend und rücksichtsvoll wähle, wird mein Gegenüber den Sinn meiner Nachricht erheblich besser annehmen und verstehen können. Die Stimmung, auch bei schwierigen Themen, wird ebenso gut sein und bleiben wie unsere Beziehung. Es lohnt sich daher, auf die eigene Wortwahl zu achten und solange nachzubessern, bis der Sinn meiner Nachricht sich in für den Gesprächspartner angenehme Worte gekleidet hat.

Und zu guter Letzt:

Ich wünsche Dir viel Erfolg. Denk‘ bitte daran: „Kein Meister ist je vom Himmel gefallen.“ Sondern: „Übung macht den Meister.“

Stell‘ dir vor, du möchtest einen Marathon laufen. Laufschuhe hast du dir bereits besorgt. Ob du bekennende Couchpotato bist oder schon locker 10 Kilometer läufst, um die 42,195 Kilometer des Marathons zu schaffen, wirst du trainieren müssen. Mal wird es super laufen, mal mühsam sein. Mal wirst du schnell laufen, mal Rückschläge zu verkraften haben. Doch wenn du dran bleibst, wirst du erschaffen! Garantiert. Wann immer der Sinn deiner Nachricht noch nicht bei deinem Gegenüber angekommen ist, denk‘ an dein Marathontraining. Mach‘ weiter. Der Erfolg ist dir sicher. Und Friedrich Schulz von Thun? Der freut sich, dass seine Nachricht bei dir angekommen ist.

PS.

Das Sender-Empfänger-Modell ist ein in den 40er Jahren von Claude E. Shannon und Warren Weaver entwickeltes Kommunikationsmodell. Es ist unter dem „Shannon-Weaver-Modell bekannt. Friedemann Schulz von Thun erweitert das Shannon-Weaver-Modell und entwickelt das Vier-Seiten-Modell. Danach hat sowohl der Sender als auch der Empfänger jeweils vier „Seiten“ oder Ebenen, auf den er senden bzw. empfangen kann: die Sach-, Appell-, Beziehung- und Selbstoffenbarungsebene. Mit diesem Modell beschäftigen wir uns in „Das 1×1 der Kommunikation – Teil 2“.

Literatur

  • Friedemann Schulz von Thun: „Miteinander Reden 1“, rororo

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